Am 1.7. berichtete der Tagesspiegel über eine aktuelle Studie des Berliner Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität. Untersucht wurden die Fähigkeiten von Viertklässlern, also Kindern am Ende der Grundschulzeit, in den Fächern Deutsch und Mathematik. Sie erlaubt damit den Nachweis der Auswirkungen von Corona auf Grundschul-Mathematikkenntnisse.
Den Ergebnissen der Studie zufolge erreichen 21,8 Prozent der Schüler nicht die Mindeststandards in Mathematik – dies ist ein Zuwachs um gut sechs Prozentpunkte gegenüber einer vorigen Untersuchung aus dem Jahr 2016. Die Veröffentlichung schlüsselt die Ergebnisse noch nicht nach Bundesländern auf, ist aber wegen des großen öffentlichen Interesses aufgrund der erwarteten Corona-Folgen bereits in einer Kurzfassung veröffentlicht worden. Während die Sekundarstufen (Klassenstufen ab der 5. Klasse) Studien zufolge weniger betroffen sind, ist der Effekt in der Grundschule und vor allem in der ersten Klasse deutlich nachweisbar.
Verstärkt werden fachliche Defizite durch Verluste im Zuhören, d.h. dem zuhörenden Erfassen von Inhalten mit gezieltem Nachfragen bei Nichtverstehen. Der Rückstand in dieser Kategorie im Vergleich zu einer entsprechenden Vor-Corona-Kohorte beträgt den Untersuchungen zufolge fast ein Jahr. Der Effekt wird in Kindern aus Familien mit Zuwandererhintergrund noch verstärkt beobachtet.
Was sind Ursachen und Folgen der schlechten Mathekenntnisse?
Grund hierfür sind verschiedene Faktoren, wobei die Auswirkung der Pandemie in der Studie nicht klar beziffert werden kann. Ein Vergleich über alle Kinder hinweg (d.h. ohne Berücksichtigung des sozioökonomischen Status und des Faktors zugezogener Elternteile) lässt jedoch einen klaren Einfluss der Corona-Folgen vermuten.
Das extra aufgelegte Bundesprogramm „Aufholen nach Corona“ reicht hingegen nach Aussagen der Autoren nicht, um den Rückstand auszugleichen und die Auswirkungen von Corona auf die Grundschul-Mathematikkenntnisse abzumildern. Hierfür seien vielmehr langfristige und nachhaltige Förderstrategien erforderlich. Ties Rabe, Schulsenator in Hamburg, sieht dem Tagesspiegel-Bericht zufolge die Chancen schwinden, dass die Lernrückstände überhaupt überwunden werden können und spricht sich gegen weitere Schulschließungen aus.
Der einzige Lichtblick betrifft statt Grundschulen eher weiterführende Schularten
Mögliche positive Effekte auf die aktuelle Schülergeneration werden im Bereich des Umgangs mit digitalen Medien und der eigenständigen Aneignung neuer Fertigkeiten gesehen, hierbei ist jedoch die Frage zu stellen, ob dieser Effekt bereits in der Grundschule relevant ist.
Den Original-Artikel finden Sie bei tagesspiegel.de unter https://www.tagesspiegel.de/wissen/in-deutsch-und-mathe-ein-jahr-zurueck-erstmals-zeigt-eine-studie-wie-gross-die-corona-lernrueckstaende-wirklich-sind/28472866.html
Der vollständige Report ist auf dem Online-Angebot der IQB verlinkt: https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/BT2021/Bericht/
Der Tag von HR2 zum Thema: https://www.hr-inforadio.de/podcast/der-tag/abgehaengt–wie-koennen-wir-grundschul-kinder-staerken,podcast-episode-105520.html
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